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Oliver Bierhoff

DFB-Direktor

Der DFB-Direktor Nationalmannschaften und Akademie geht seinen eigenen Weg und hat ein sehr klares Bild von dem, was er machen möchte. / Foto: © GES / Markus Gilliar

LANGFRISTIG ERFOLG ZU HABEN, IST HEUTE VIEL SCHWERER

Oliver Bierhoff ist Fußball-Europameister und hat mit dem ersten Golden Goal in der Geschichte das entscheidende Tor bei der EM 1996 in England geschossen. 2004 übernahm er nach seiner aktiven Profikarriere den Posten des Managers beim DFB. „Ich habe den Posten übernommen, obwohl ich zu der Zeit Zweifel hatte, weil er gar nicht in meine damalige Lebensplanung passte. Aber diese Chance war gleichzeitig faszinierend, weil sie dem entsprach, woran ich glaube: Etwas bewegen und gestalten zu können. Mein Engagement war eigentlich auch nur für zwei Jahre vorgesehen“, so der heute 53-Jährige. Bierhoff ist nach wie vor beim DFB – mittlerweile als Direktor Nationalmannschaften und Akademie.

Er ist jemand, der sich gerne von erfolgreichen Menschen inspirieren lässt. Nicht unbedingt wirtschaftlich erfolgreich, sondern Personen, die etwas bewegt haben. Allerdings will er niemanden kopieren. Er geht seinen eigenen Weg und hat ein sehr klares Bild von dem, was er machen möchte. Trotz einer erfolgreichen Zeit im Profifußball hat er als Kind gar nicht von einer Profikarriere geträumt. „An sich hatte ich immer gedacht, dass ich studiere und nebenher hochklassig Fußball im Amateurbereich spielen werde. Dann wurde ich mit 17 Jahren Jugendnationalspieler. Einer meiner Vorteile war, im Westen Deutschlands aufgewachsen zu sein, wo es eine reiche Fußballtradition und viele Vereine gibt. Somit waren meine Chancen größer, einen Profivertrag zu bekommen.“ Allerdings waren seine ersten Profijahre in Deutschland, u. a. beim HSV und bei Borussia Mönchengladbach, eher durchwachsen.

Sein Durchbruch kam in Italien. Er begann in der Serie B bei Ascoli Calcio und wechselte 1995 in die Serie A zu Udinese Calcio. 1998 wurde er Torschützenkönig in Italien. Zu dem Zeitpunkt war er auf dem Höhepunkt seiner Karriere. „Der Schritt nach Italien war für mich der wichtigste meiner Karriere. Weg aus Deutschland, sich erst einmal allein durchboxen. Das war

Direktor Oliver Bierhoff und Manuel Neuer beim Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft in Herzogenaurach / Foto: © GES / Markus Gilliar

eine Herausforderung. Meine Stärken sind Ausdauer und Disziplin. Zudem bin ich sehr kritikfähig“, so Bierhoff. Diese Eigenschaft kommt ihm gerade in seinem Job beim DFB zugute. „Ich bin jemand, der Kritik annimmt, der sich mithilfe von Kritik selbst aufbaut, statt sich von ihr herunterziehen zu lassen. Ich kann mit ihr sehr gut leben. Zumal ich Kritik nicht persönlich nehme. Ich lasse mich nicht verwirren und mich nicht von meinen Zielen und Haltungen abbringen. Die Wertigkeit von Dingen und Situationen definiere ich für mich selbst und nicht über Außenstehende.“

So auch in seinem Job als Direktor des DFB. „Als ich 2004 den Job als Manager des DFB angenommen hatte, war mir die Dimension dessen gar nicht so bewusst. Aber das Projekt mit der WM im eigenen Land war einfach zu spannend“, erzählt Bierhoff. Über die Jahre hat er viel Kritik einstecken müssen und er weiß auch, dass er polarisiert. „Man wirft mir oft Diplomatie vor, dass ich beide Seiten der Medaille betrachte und versuche, einen Mittelweg zu finden. Aber ich übernehme auch Verantwortung und habe den Mut, Dinge anzugehen. Ich bin immer meinen Weg gegangen, auch wenn er vielleicht etwas anders aussah, als der, den andere im Sinn hatten.

Ich war der Erste, der den DFB richtig für die Werbung geöffnet und die Nationalmannschaft damit strukturell nach vorne getrieben hat. Dafür habe ich viel einstecken müssen. aber ich habe diesen Weg gewählt, weil ich von ihm überzeugt war und weil er der richtige ist.“

Kritik von außen gab es auch um die WM 2018. U. a. wurde dem DFB zu wenig Fannähe vorgeworfen, wofür Bierhoff mitverantwortlich gemacht wurde. „Ich nehme Dinge, die passieren, nicht leichtfertig hin, sondern hinterfrage immer wieder unsere Ziele und Maßnahmen, die wir ergreifen.“ Deshalb ist es ihm auch wichtig, neu zu justieren. „Ich wünsche mir, dass der DFB wieder zur Ruhe kommt und dass wir der umarmende und fürsorgliche Verband sind, der wir auch für viele Menschen sein können und müssen. Mit unglaublich erfolgreichen

v.l. Oliver Bierhoff, Hansi Flick (Deutschland) beim Training der deutschen Fussball-Nationalmannschaft in Stuttgart / Foto: © GES / Markus Gilliar

Nationalmannschaften, sowohl der Männer als auch der Frauen.“ Zudem möchte er weitere Projekte zu Ende bringen, die er mit der DFB-Akademie und dem Campus maßgeblich angestoßen hat. „Natürlich verspüre ich auch den Druck und ich verfluche ihn manchmal. Aber dann genieße ich es auch wieder, Entscheidungen treffen und etwas Neues gestalten zu können.“

Bierhoff ist der Meinung, dass es heute viel schwieriger ist, langfristig Erfolg zu haben. „Die Nebengeräusche sind durch die sozialen Medien allgemein viel schneller und intensiver. Man steht sofort im Fokus, wenn etwas passiert. Ich empfinde die Kritik an meiner Person nicht immer gerecht und das enttäuscht mich auch. Aber ich arbeite mit ihr und an mir.

Ich schaffe es, gut zu trennen und zu relativieren. Das hat mir schon oft während meiner Karriere geholfen. Sonst ist es unmöglich, zur Ruhe zu kommen und sich auf seine Aufgaben und Ziele zu fokussieren.“ Oliver Bierhoff war schon immer ein Teamplayer. Doch er weiß auch, dass es einsamer wird, je höher man steigt. Am Ende geht man seinen Weg allein. Deshalb hat er sich auch immer seine Eigenständigkeit bewahrt. Für ihn ist Erfolg, wenn man seine eigenen Fähigkeiten voll ausschöpft, um Dinge zu erreichen.

 

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