LAURA KARASEK


Hochkultur ind Hotpants

Laura Karasek  mag es, Klischees zu brechen. Sie ist als Schriftstellerin genauso erfolgreich wie als Moderatorin und Investorin. Ihr Erfolgsgeheimnis: Mach, was du willst!

Was bedeutet für dich persönlich Erfolg?

Erfolg bedeutet für mich Unabhängigkeit.

Ich möchte unabhängig sein von Menschen, die nichts Gutes für andere wollen.

Außerdem möchte ich finanziell autonom sein, und vor allem im Denken und im Schaffen. Ich möchte das tun können, was mir Freude bereitet und wofür ich Talent habe.

Wenn dich jemand fragt, was du beruflich machst, was antwortest du?

Meist sage ich: „Hochkultur in Hot Pants.“ Im Ernst: Ich bin Schriftstellerin und Moderatorin. Aber ich habe auch was Richtiges gelernt, nämlich Anwältin.

In deinem Instagram-Profil ist zu lesen, du seist auch Investorin. In was hast du investiert?

Ich habe in ein Start-Up namens „nevernot“ investiert, zusammen mit Carolin Kebekus, Tijen Onaran und Charlotte Weise. „Nevernot“ ist eine Sexual-Wellness-Company, die einen Soft-Tampon auf den Markt gebracht hat. Damit kann man als Frau auch während der Periode Sex haben. Ursprünglich stammt diese Idee aus dem Gewerbe der Sex-Workers. Der Tampon ist so weich, dass er nicht wehtut oder stört. Insgesamt setzt sich „nevernot“ dafür ein, dass weibliche Lust enttabuisiert wird. Im Sortiment sind außer der Tampons auch Duftkerzen, Sex-Spielzeug und alles, was Freude macht. Ich habe dieses Investment noch keinen Augenblick bereut, die Geschäfte laufen sehr gut!

Willst du in weitere Firmen investierten?

Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Seit unser Einstieg bei „nevernot“ vor circa einem Jahr durch die Presse ging, bekomme ich mehr und mehr Pitch Decks zugeschickt. Ich würde gerne weiteren weiblichen Gründerinnen den Zugang zu Kapital ermöglichen. Denn hier hinken wir in Deutschland statistisch gesehen hinterher. Dabei sind Produkte doch kein Stück weniger erfolgsversprechend, weil sie von Frauen sind.

Gab es weitere wichtige Momente in deiner beruflichen Karriere?

Sehr wichtig war schon die Prägung durch mein Elternhaus. Dadurch hatte ich immer viel mit Kultur und besonders Büchern zu tun. Schon als Sechsjährige habe ich mein erstes eigenes Buch geschrieben, allerdings in spiegelverkehrter Schrift. Es war autobiografisch und hieß „Mein Wackelzahn“. Nach der Schule habe ich meine ersten Praktika bei den Salzburger Festspielen und an der Londoner Oper gemacht.

Ich liebte Kultur, Lampenfieber, Künstler!

Danach musste ich allerdings seriös werden und entschied mich für ein Jura-Studium. Nach zwei Prädikatsexamen habe ich sechs Jahre bei einer internationalen Kanzlei in Frankfurt gearbeitet. Dort konnte ich nicht nur viel über Prozesse und Verträge lernen, sondern auch über das Arbeiten unter Druck. 2012 erschien mein erster Roman „Verspielte Jahre“, dank dem ich u. a. bei Markus Lanz, Günther Jauch und Stefan Raab auftreten durfte. Dadurch entdeckte ich meine Liebe zum Fernsehen und zum Entertainment generell. Man trifft dort ganz unterschiedliche Menschen, die selten langweilig sind. Das hat mich fasziniert. Auch das Adrenalin, das Lampenfieber, diese neue Welt.

Dein Vater war der Literatur-Kritiker Prof. Dr. Hellmuth Karasek, deine Mutter ist die Kulturredakteurin Dr. Armgard Seegers. Wie wichtig ist soziale Herkunft für den Erfolg?

Sicher hätten mich Bücher nicht so fasziniert, wenn mein Papa Bäcker gewesen wäre. Aber dann könnte ich heute wenigstens backen oder kochen, haha! Bei uns zu Hause waren Billy Wilder und Rudolf Augstein zu Gast, Marlene Dietrich rief mal an. Natürlich prägt dich das. Wenn du siehst, dass deine Eltern glücklich sind in ihren Berufen, denkst du dir: „Das scheint ja was Schönes zu sein. Das will ich auch. Diese Erfüllung und Neugier.“ Natürlich hilft mein Nachname in bestimmten Situationen, aber ich erlebe dadurch auch Vorurteile. Mit dem Klischee „Promikinder sind alle verzogene Gören und können selbst nichts“ wurde ich schon oft konfrontiert.

Wie gehst du mit diesen Vorurteilen um?

Vorurteile müssen widerlegt werden. Vorurteile sind einfach bequem, aber auch boshaft. Ich ertappe mich allerdings auch selbst manchmal dabei, dass ich welche habe, und versuche dann sofort, mich zu ermahnen und von ihnen frei zumachen. Anderseits finde ich es manchmal ganz schön, unterschätzt zu werden. Wenn die Leute feststellen, dass ich gar nicht so dumm bin, wie sie glauben, freut mich das. Mit Selbstironie kann man viel brechen.

Was sind deine sonstigen Stärken, außer einem guten Sinn für Humor?

Liebe zur Sprache und zu Menschen. Ich glaube, es ist eine große Stärke, dass ich jedes Gefühl kenne, das es auf der Welt gibt.

Ist das wirklich eine Stärke?

Finde ich schon. Ich bin eine menschliche Operette. Im Ernst: Wenn man über menschliche Abgründe wie Selbstzweifel und Größenwahn schreibt, hilft es, diese Gefühle selbst erlebt zu haben. Die kommen in meinen Romanen ja alle vor!

Anders ausgedrückt:

Ich bin empathisch, kann viel spüren und bei anderen beobachten.

Leider fehlt mir allerdings da ein Filter oder eine Schutzmauer. Ich bin naiv und zutraulich und denke immer, alle meinen es gut mit mir. Das führt gelegentlich zu Rückschlägen.

Apropos: Gab es noch weitere schwierige Situationen in deinem Leben?

Mit 12 Jahren bekam ich Diabetes, also eine chronische Krankheit. Das war als Kind schwer zu verarbeiten. Ich habe mich dafür geschämt und wollte die Krankheit verstecken. Und heute ärgere ich mich, wenn eine Sendung schlechte Quoten hat oder ich für ein Buch nicht den Literaturnobelpreis gewinne … Aber mit diesen Stichen muss ich klarkommen.

Wer hat dich auf deinen unterschiedlichen beruflichen Wegen unterstützt?

In der Kanzlei hatte ich einen tollen Chef, der eigentlich nicht Anwalt werden wollte, sondern Rockstar. Mit ihm habe ich in einer Band gesungen, er hat Bass gespielt. Bei ZDF Neo haben mich Menschen unterstützt, indem sie mir eine eigene Sendung gaben, obwohl ich vorher noch nie etwas moderiert hatte. Ich freue mich auch heute noch darüber, wenn Menschen an mich glauben, zum Beispiel wenn mich ProSieben für „Schlag den Star“ einlädt.

Wie hast du den Erfolg erlebt, diese Sendung zu gewinnen?

Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so aufgeregt war wie vor dieser Show! Eigentlich schaue ich mir meine eigenen Sendungen nicht an, weil mich immer etwas an mir stört. Aber diesen zweiminütigen Clip am Ende der Sendung, in dem die besten Szenen aus allen Spielen in Zeitlupe laufen, unterlegt mit Whitney Houstons „One Moment in Time“, habe ich mir hinterher 29-mal angeguckt. Da bekomme ich immer noch Gänsehaut!

Wie lässt sich dieser Moment beruflich gesehen noch toppen?

Erstens würde ich gerne mal eine große Show moderieren, so wie Barbara Schöneberger, Günther Jauch, Johannes B. Kerner oder Elton. Zweitens fände ich eine Verfilmung meiner Bücher toll. Drittens würde ich gerne mehr Kabarett und Satire machen, mehr Comedy.

Du bist Mitgründerin der Schriftstellervereinigung PEN Berlin. Wie verträgt sich das mit deinen Plänen?

Du meinst, man kann keine ernstzunehmende Autorin sein, weil man Fernsehen macht? Das ist doch Unfug! Ich kann Gedichte von Brecht vortragen, obwohl ich Make-Up trage. Ich kann bei RTL „Der große Deutsch-Test“ mitspielen genauso wie eine Buchpremiere beim Literaturfestival moderieren. Diese Vielfalt reizt mich – das Widersprüchliche. Außerdem finde ich es gut, wenn Ernstes unterhaltsam aufbereitet wird.

Gibt es etwas, das du gern anders machen möchtest, wenn du die Zeit zurückdrehen könntest?

Ich hätte als Kind mehr Klavier üben sollen. Ich kann ein bisschen Chopin und Mozart spielen, aber ich würde gern besser musizieren können.

Wo tankst du Kraft?

Wenn ich allein draußen unterwegs bin, spaziere, schwimme oder jogge und dabei Musik höre!

Was ist die wichtigste Voraussetzung, um erfolgreich zu sein?

Man muss Lust auf das haben, was man tut. Man darf nicht fremdbestimmt sein. Man muss es wirklich wollen. Und alles geben.

Und was willst du?

Den Literaturnobelpreis!

©Bilder: Gaby Gerster