RENE ADLER


Aus Träumen entstehen Ziele

Wenn man einen ehemaligen Profifußballer fragt, was für ihn Erfolg ist, dann vermutet man als Antwort die Aufzählung einzelner Erfolge in der Bundesliga oder mit der Nationalmannschaft. René Adler hätte solch eine Antwort geben können. Er war Torhüter bei Bayer Leverkusen, dem Hamburger SV und Mainz 05, dazu stand er im Kader der deutschen Bundesadler. Doch seine Antwort fällt anders aus.

Ich war so lange Profifußballer und demnach in gewisser Weise fremdbestimmt. Mir wurde gesagt, wann ich zu trainieren hatte, wann ich in den Urlaub konnte, was ich am besten essen sollte. Das ist jetzt kein Jammern. Es ist eine wunderbare Zeit gewesen.

Aber die Erkenntnis, nach meinem Karriereende selbstbestimmt entscheiden zu können, das ist jetzt Erfolg für mich.“

Dass René Adler den Weg in den Profifußball einschlägt war relativ schnell klar. Mit sechs Jahren spielte er bereits beim VfB Leipzig, mit 15 Jahren ging er zu Bayer Leverkusen. In dem Alter sicherlich kein einfacher Schritt. Doch für Adler war es eine logische Konsequenz. „Aus Träume entstehen Ziele. Und ich habe nach dem klassischen Beispiel gelebt: Der Weg ist das Ziel! Ich habe darauf hingearbeitet. Und ich habe das geliebt, was ich gemacht habe. Deshalb ist es mir auch nicht schwer gefallen, von zu Hause wegzugehen oder auf irgendetwas zu verzichten. Zudem war ich immer schon sehr fokussiert und zielstrebig. Das ist meine Persönlichkeit.“ Adler konnte sich von Beginn an auf das konkrete Ziel „Profifußball“ fokussieren. Er hatte eine Familie, die ihn unterstützte, und später den Verein, der ihn geleitet hat. Seiner erfolgreichen Karriere stand somit nichts im Wege. Allerdings gehört der heute 37-Jährige zu den Menschen, die hinterfragen, und vor allem, die reflektieren.

„Ich betrachte immer alles von verschiedenen Seiten. Man kann Dinge nur richtig einschätzen, wenn man sich auch traut, mal von außen auf die Situation zu schauen – eine Art Helikopterperspektive.

Als Profifußballer wird dir alles abgenommen. Du musst dich um nichts kümmern und natürlich ist das angenehm und bequem, aber leider nach der Karriere oftmals nicht mehr gegeben.“

René Adler hat als Fußballer viele erfolgreiche Jahre gehabt. Aber auch viele Verletzungen. Seine Fähigkeit, sich auf Dinge zu fokussieren und sein Ziel zu verfolgen, hat ihn immer wieder zurückgebracht. Allerdings haben ihm die Rückschläge auch gezeigt, dass er nicht nur auf den Fußball setzen sollte. „Du bündelst deine ganze Energie für deinen Job und hast nur das. Aber wenn negative Zeiten kommen wie Verletzungen oder auch das Karriereende, dann bricht dir diese Seite weg und ich hatte plötzlich nicht mehr viel außerhalb des Fußballs. Keine großen Hobbys, keine Interessen. Man sollte sich schon immer wieder die Frage stellen: Wofür kann ich mich sonst noch begeistern, was sind meine Interessen? Vielleicht ist das der Grund, warum viele so lange an ihrer Karriere festhalten und im Sport bleiben. Das ist ein sicheres System, was weiter auf dich aufpasst und dich durchs Leben führen kann. Aber was ist mit denen, die nicht dort bleiben wollen oder auch können?“

René Adler hat noch während seiner Profikarriere sein Studium als Sportmanager abgeschlossen. Eine Perspektive, die ihm nach seinem Karriereende 2019 geholfen hat. Dennoch war auch für ihn die Zeit nach der Profikarriere eine Herausforderung. „Plötzlich liegt vor dir ein weißes Blatt Papier, was du selbst befüllen musst. An sich ein schönes Gefühl, selbst zu bestimmen. Aber auch hart, wenn du es nie gelernt hast.“ Genau da sollten Vereine seiner Meinung nach auch ansetzen und etwas ändern. „Der Spieler sollte verstehen, dass er für seine Karriere und sein Leben die Verantwortung hat. Es ist ein Fehler, wenn man alles blind abgibt. Wenn man sich nur darum kümmert, was man auf dem Platz macht und alles andere drum herum wird an Verein, Berater und Co verteilt. Die Vereine sollten die Spieler dafür sensibilisieren, dass es wichtig ist, einige Dinge, die zum Leben dazugehören, selbst zu verstehen. Ich sehe darin eine Art Aufklärungsauftrag.“ Vielleicht ein naiver Gedanke, aber er könnte auch helfen. Denn nicht jeder hat diesen Eigenantrieb und bereitet sich schon während seiner Karriere auf die Zeit danach vor. „Es gibt viele Sportler, denen es nicht so leicht fällt. Die ganze Zeit wird ihnen gesagt, dass sie sich nur darum kümmern sollen, ihre Leistung zu bringen – alles andere wird ihnen abgenommen. Kein Wunder, dass sie dann in das obligatorische Loch nach ihrer Karriere fallen. Der Beruf ist vorbei und du weißt nicht, was danach kommt.“ Mittlerweile ist Adler unter anderem an verschiedenen Unternehmen und Start-ups beteiligt und fungiert als TV-Fußballexperte.

Zudem hat sich seine Sichtweise auf Karriere und Erfolg als junger Familienvater etwas geändert.

„Meine Familie ist mein Anker und meine neue Mannschaft. Da geht nichts ohne eigene Vorbereitung. Plötzlich ist man so normal“, lacht René Adler. Und da ist genau die Selbstbestimmung, die René Adler als seinen persönlichen Erfolg definiert.