Lkw so auszurüsten, dass sie dank Wasserstoff-Antrieb Güter emissionsfrei transportieren – das ist die Passion von Dirk Graszt. Eigentlich hatte der erfolgreiche Unternehmer mit Mitte 50 vor, etwas kürzer zu treten, doch dann entstand die Idee zu Clean Logistics SE. Jetzt will er die Welt frei von Emissionen gestalten – oder zumindest dabei helfen …
Was bedeutet für Sie Erfolg?
Ich bin seit über 35 Jahren im Geschäft. Letztlich zeichnet wirklichen Erfolg aus, dass man Dinge aus voller Überzeugung tut und das Gefühl hat, seiner Umwelt durch den persönlichen Erfolg Gutes zu tun.
Wie wichtig ist Leidenschaft?
Ich bin ein absoluter Überzeugungstäter. Vor fünf Jahren habe ich darüber nachgedacht, langsamer zu machen, ich wollte raus aus dem Tagesgeschäft und mir auch mal Zeit für mich nehmen. Doch dann lief mir mein neues Herzensprojekt über den Weg – damit hatte sich das dann erst mal erledigt.
Was hat Ihre Frau gesagt, als der Plan, weniger zu arbeiten, ad acta gelegt wurde?
Nachdem sie gehört hatte, worum es bei dem Projekt geht, hat sie mich ermutigt und hat mich stets in allen Entscheidungen und bei allen Entwicklungsschritten der jungen Unternehmung unterstützt.
Wie kamen Sie als Logistik-Experte überhaupt auf die Idee, selbst Lkws auf Wasserstoff-Antrieb umzurüsten?
Ich bin Ende 2017 im Rahmen meiner Tätigkeit als Logistiker in Jahresgespräche mit potenziellen Lieferanten gegangen und wollte in diesem Zusammenhang für meine Speditionsgruppe neue, emissionsfreie oder zumindest emissionsarme Fahrzeuge kaufen.
Mir wurde in den Gesprächen komplettes Unverständnis entgegengebracht, was mich zu dem Punkt gebracht hat, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Der Grundstein war zunächst eine eher hemdsärmelige unternehmerische Idee, die mittlerweile zu einem veritablen Geschäftsmodell gewachsen ist.
Welche Widerstände gab es?
Als wir Ende 2017 begonnen haben, war intensiver Klimaschutz noch kein großes gesellschaftspolitisches Thema. Wir haben deutlich gespürt, dass die Marktteilnehmer, insbesondere die großen Hersteller, überhaupt kein Interesse daran hatten, emissionsfreie Antriebe in den Markt zu bringen. Selbst 2019 wurde unsere Idee noch als abstrus abgetan, heute sind wir jedoch deutlich weiter als etablierte Mitbewerber.
Sie sind sehr bald an die Börse gegangen und setzen auf zügiges Wachstum. Gibt es auch ein zu schnell?
Die Clean Logistics SE beschäftigt derzeit 180 Mitarbeiter und es werden wöchentlich mehr – beim Klimaschutz kann es kein zu schnell geben. Wir als Gesellschaft haben für 2030 Klimaschutzziele definiert, die es zu erreichen gilt. Dafür müssen wir bis dahin 48 Prozent CO2 in er Mobilität einsparen. Das kann uns nur gelingen, wenn wir mit ordentlich Pace unterwegs sind, ohne dabei die Qualität aus den Augen zu verlieren.
Warum ist ein wasserstoff-elektrischer Antrieb aus Ihrer Sicht besser als ein batterieelektrischer Antrieb bei Lkws?
Es gibt kein besser oder schlechter, es geht rein um die Anforderungen, die der jeweilige Flottenbetreiber hat. Im Nah- und Stadtverkehr brauche ich keinen Wasserstoff, das Fahrzeug fährt am Tag vielleicht 250 Kilometer und kommt wunderbar damit aus, über Nacht geladen zu werden. Im Fernverkehr sieht es aber anders aus, hier können batterieelektrische Fahrzeuge nicht überzeugen. Ein Lkw würde durch das Gewicht der benötigten Batterien deutlich an Nutzlast verlieren und das bedeutet für den Spediteur, dass er bares Geld verliert. Zudem sind die eher langen Ladezeiten im Vergleich zur Wasserstoffaufnahme an Tankstellen indiskutabel. Wenn ich mit meinem 40-Tonnen-Lkw an eine Fast-Charger-Ladesäule fahre, brauche ich mindestens eine Stunde zum Aufladen, wenn denn überhaupt eine Säule auf den überfüllten Rastplätzen frei sein sollte. Der damit verbundene Energiebedarf ist derart hoch, dass die Leitungsnetze schnell überlastet wären und benötigte Energie an anderen Stellen nicht mehr geliefert werden könnte. Bei Lkws mit Brennstoffzellen-Antrieb fahre ich an die Tankstelle und benötige zum Befüllen nicht länger, als würde ich fossilen Dieselkraftstoff tanken müssen.
Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Wenn du etwas willst, musst du zu hundert Prozent von dem, was du tust, überzeugt sein. Ich will nicht sagen, gegen jeden Widerstand, aber gegen viele Widerstände. Ich bin seit dreieinhalb Jahren mehr oder weniger überzeugend missionarisch unterwegs.
Herzblut, Überzeugung und Begeisterung sind für mich wesentliche Erfolgsfaktoren.
Wie schützen Sie privat die Umwelt?
Mobilität ist für mich auch privat ein Kernthema. Ich vermeide Flugreisen. Und ich hoffe, dass ich bald eines der ersten in Deutschland produzierten Wasserstoff-Pkws steuern darf. Zumindest habe ich schon die Zusage. Mülltrennung ist ein anderer wichtiger Punkt – und wir sind gerade dabei, unser Haus umzubauen, um nachhaltig energie-autark zu werden und unseren Bedarf deutlich zu senken. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass man zukünftig auch Entbehrungen in Kauf nehmen muss, wenn man wirklich etwas verändern will.
Hatten Sie schon als Kind vor, die Welt retten, oder gab es da noch andere Pläne?
Ich wollte mal Fußballer werden, hatte aber leider mit 17 Jahren meinen ersten Kreuzbandriss, und damit war das Thema schnell erledigt. Schließlich habe ich bei der Bundeswehr ein Wirtschaftsstudium absolviert – etwas, das ich so nie geplant habe. Letztendlich habe ich jedoch mit Beharrlichkeit und dem Willen zum Erfolg für mich einen idealen Weg gefunden und für mich persönlich das Beste erreicht.