MARIA HÖFL-RIESCH

"Die Kunst ist, Rückschläge abzuhaken"

Dreimal olympisches Gold, zwei gewonnene alpine Skiweltmeisterschaften und 27 Einzel-Weltcupsiege: Skirennläuferin Maria Höfl-Riesch konnte so viele Erfolge auf der Piste feiern wie kaum eine ihrer Kolleginnen. Heute arbeitet die ehemalige Leistungs­sportlerin als TV-Expertin und Speakerin, außerdem betreibt sie eine Influencer-Agentur. Ihr wichtigstes Kriterium bei der Projekt-Auswahl: Maria Höfl-Riesch macht nur noch, worauf sie wirklich Lust hat.

Was bedeutet für Sie Erfolg?

Als ich noch Leistungssportlerin war, war das leichter zu beantworten. Die Ziele waren immer genau definiert – zum Beispiel ein Weltcup­rennen zu gewinnen oder Olympiasiegerin zu werden. In Phasen, in denen ich verletzt war, ging es darum, wieder fit zu werden. Aber egal, welche Ziele man sich steckt: Erfolg ist, sie zu erreichen – ob nun privat oder beruflich. Im Moment ist mein Ziel, mich fit zu halten. Im Sommer lebe ich viel in Italien, das bedeutet, es gibt immer gutes Essen. Auf beruflicher Ebene ist es beim Umsetzen meiner Projekte vor allem Spaß zu haben. Der große Luxus, den ich nach so einer erfolgreichen Sportkarriere habe, ist, dass ich es mir leisten kann, nur Sachen zu machen, auf die ich wirklich Lust habe. Ich muss nichts um des Geldes willen machen. Darüber bin ich sehr glücklich.

Ihre Ziele wirken recht erreichbar. Fehlt Ihnen nicht manchmal der Druck und der Kampf?

Nein, eben gar nicht! Das ist gerade das, was für mich nach meiner intensiven Karriere so richtig angenehm ist. Im Leistungssport zerrt das ganze Leben an einem. Es besteht nicht nur aus den schönen Momenten, die man im Fernsehen sieht, sondern ist auch von vielen Rückschlägen, Verletzungen, Misserfolgen und dem täglichen Kampf, immer dranzubleiben, geprägt. Ich war schon mit 16 Jahren im Weltcup und hatte 13 Jahre lang nur zwei Wochen im Jahr frei, der Rest der Zeit war durchgetaktet. Ich bin nie zur Ruhe gekommen.

So cool die Zeit auch war, jetzt genieße ich es, ein Leben ohne Druck zu führen.

Was ist ihr Erfolgsgeheimnis?

Es gibt kein einzelnes Erfolgsgeheimnis. Im Leistungssport muss für den Erfolg viel zusammenpassen. Natürlich braucht man als Grundvoraussetzung ein gewisses Talent. Damit allein kommt man aber nicht weit. Es ist die Kombination aus wirklich tiefem Ehrgeiz, Siegeswillen und Leidenschaft für das, was man macht. Dazu kommen dann noch das richtige Material, ein gutes Team, ein guter Trainer und auch eine gute Mannschaft. Obwohl die Kolleginnen eigentlich Konkurrenz sind, ist man ja trotzdem die meiste Zeit im Jahr miteinander unterwegs und trainiert zusammen. Da braucht es auch eine gewisse Harmonie, damit man sich wohlfühlt und auch gegenseitig pusht. Und im richtigen Moment muss man auch ein Quäntchen Glück auf seiner Seite haben.

Wie schafft man es, nicht mit dem Schicksal zu hadern, wenn zum Beispiel beim eigenen Start plötzlich das Wetter umschlägt und damit die Sieges­chancen sinken, ohne dass man darauf einen Einfluss hat?

Die Kunst ist, so was anschließend abzuhaken. Auch eigene Fehler, die vielleicht sogar zu Verletzungen geführt haben. Man muss analysieren, was passiert ist, und dann wieder nach vorne schauen. Als ich mir im Januar 2005 und dann im gleichen Jahr noch mal im Dezember das Kreuzband gerissen und deshalb auch 2006 die Olympischen Spiele in Turin verpasst habe, war ich aber natürlich furchtbar traurig, frustriert und niedergeschlagen. Ich hatte Angst davor, dass meine Knie nicht mehr gut werden und ich vielleicht den sportlichen Anschluss nicht mehr finde. Mit einem Plan B wollte ich mich aber irgendwie gar nicht befassen, meine Motivation war, wieder Rennen zu gewinnen. Es war ein langer, harter Weg – im Nachhinein betrachtet war es nicht nur eine harte, sondern auch eine gute Schule. Während der Zeit hat mein Professionalitätslevel einen riesengroßen Sprung gemacht. Bevor ich mich das erste Mal verletzt habe, war ich nämlich nicht die Allerfleißigste. Ich hatte zwar wahnsinnig viel Spaß am Skifahren, bin aber meinem Fitnessplan nie mit der letzten Konsequenz gefolgt, sondern habe gern mal einen Satz weggelassen oder ein bisschen abgekürzt und mich halt so durchgemogelt. Als ich dann zweimal so schwer verletzt war, habe ich gemerkt, dass ich wirklich fit werden muss, weil ich sonst keine Chance habe, wieder an die Spitze zu kommen und dort zu bleiben.

Können Sie gut verlieren – das Privatleben eingeschlossen?

Nee, nee, nee, darin bin ich gar nicht gut. Ich glaube, jeder, der im Sport-Business erfolgreich war oder ist, tut sich da schwer. Manche können allerdings besser damit umgehen, andere schlechter. Ich kann es leider eher schlechter … zum Beispiel wenn man mit mir Tennis spielt und ich einen schlechten Tag habe und nicht treffe, während es beim anderen super läuft. Da kann meine Stimmung schon mal vorübergehend ein bisschen kippen …  JR