USCHI GLAS

"Ein Schätzchen war ich nie"

Wenn man die berühmtesten deutschen Schauspielerinnen aller Zeiten aufzählen müsste, wäre sie mit Sicherheit dabei: Publikumsliebling Uschi Glas. Sie hat sich als Schätzchen, Halbblut Apanatschi und frustrierte Lehrerin in die Herzen von Generationen gespielt. Ihr Erfolgsgeheimnis? Unterm Strich die berühmte bayerische Sturheit!

Was bedeutet für Sie Erfolg?

Ganz einfach: Die Bestätigung meiner Arbeit. Das ist viel wichtiger als alles andere, als Geld oder Ruhm. Ich freue mich, wenn ich Menschen mit meiner Arbeit berühre.

Was ist ihr Erfolgsgeheimnis?

Man muss sein Handwerk beherrschen, man muss sich hervorragend vorbereiten und man muss die Dinge, die man für sich aussucht, ganz genau auswählen.

Es ist wichtig, dass man nur macht, was zu einem passt. Begabung ist das, was der liebe Gott einem schenkt, und das andere ist Disziplin, die große Anforderung an sich selber zu stellen, dass man das Maximum erreichen will – in meinem Fall, alles in eine Rolle reinzulegen, was man nur kann.

Als Schauspielerin haben Sie Agenten, Manager und auch viele vom Fach um sich rum, die nicht mit Ratschlägen geizen. Wie wichtig ist es denn, nicht auf andere zu hören?

Ich habe immer gern zugehört, aber am Ende stehst du dann doch allein da und sagst Nein zu etwas, das dir jeder rät – oder andersrum sagst du gegen alle Widerstände etwas zu. Jeder ist für sein Schicksal selbst verantwortlich. Die Verführung, Rollen anzunehmen, ist immer da, aber ich habe mich jedes Mal selbst gefragt, ob mir das jetzt guttut. Wenn ich etwas machen wollte, dann habe ich es gemacht, und wenn nicht, dann nicht. Da war ich sehr stark. In meinem Buch „Ein Schätzchen war ich nie“ geht es genau darum: sich nicht zu verbiegen, auch wenn die Verführung groß ist, Dinge zu hinterfragen, Haltung zu zeigen und auch mal Nein zu sagen. Einer meiner berühmtesten Filme war ja „Zur Sache, Schätzchen“. Damals waren wirklich alle dagegen, dass ich den Film drehe, weil der Film mit ganz kleinem Budget und nur in Schwarz-Weiß gedreht wurde. Schwarz-weiß wurde damals als totaler Rückschritt gesehen. Aber ich wollte diesen Film trotzdem unbedingt machen, weil ich das Gefühl hatte, er ist etwas ganz Besonderes.

Wie wichtig ist Glück für den Erfolg?

Ich sage den jungen Leuten, dass man nicht auf der Parkbank warten kann, bis das Glück vorbeikommt, aber wenn man in Bewegung bleibt, kann viel passieren. Ich wollte zum Beispiel immer die Eliza Doolittle im Stück „Pygmalion“ spielen. Mit 36 hatte ich mich damit abgefunden, dass ich jetzt zu alt dafür war. Am nächsten Tag ging ich die Maximilianstraße in München entlang und mir wurde bei einer zufälligen Begegnung genau diese Rolle angeboten. Vielleicht wäre ich nie besetzt worden, wenn ich nicht zu diesem Zeitpunkt da die Straße entlang gegangen wäre.

Was wollten Sie als Kind werden? Immer schon Schauspielerin?

Eigentlich schon – zumindest in meiner Fantasie. Aber im ländlichen Niederbayern, wo ich aufgewachsen bin, und vor allem für meinen Vater war das überhaupt kein Beruf. Ich habe mich natürlich gefragt, wie ich es trotzdem hinkriege, und habe angefangen, Reclam-Hefte mit Theaterstücken zu sammeln, die ich auswendig gelernt habe. Als ich alt genug war, bin ich meinen Geschwistern – ich war ja das als Nesthäkchen – nach München gefolgt und habe dort als Sekretärin gearbeitet. Und auch da hat mir das Glück geholfen. In meinem Heimatort war ein Film gedreht worden und ich kam damals mit den Leuten ins Gespräch. Bei denen habe ich mich dann gemeldet, als ich in München war, und ich wurde zu einer Premiere mitgenommen. Es handelte sich um einen Episodenfilm, und eine dieser Episoden hat mir überhaupt nicht gefallen – und das habe ich auch so gesagt. Ohne es zu wissen, dem Produzenten. Von ihm habe ich kurz darauf dann meine erste kleine Rolle angeboten bekommen.

Glauben Sie, dass es Ihnen vielleicht geholfen hat, dass Sie vom Land waren?

Ja, bestimmt sogar. Ich habe mich vor nichts gefürchtet und mich hat das alles auch nicht besonders beeindruckt. Ich habe immer meine Meinung gesagt, egal bei wem …

Hatten Sie ein Vorbild?

Man hat geschwärmt, ja – aber ich wollte eher nur bei mir sein und schauen, was ich machen kann. Ich wollte nie eine Kopie von irgendjemandem sein.

Das ist zum Beispiel auch der Grund, warum ich mich nicht habe überreden lassen, einen Künstlernamen anzunehmen. Meine Agentur wollte das unbedingt, weil ich damit im Ausland angeblich besser angekommen wäre. Glas, das ist kalt wie Eis, hat man mir gesagt. Es gab dann ein paar Vorschläge mit doppelten Buchstaben wie bei Brigitte Bardot. Aber darauf habe ich mich nicht eingelassen.

Gab es etwas, das Sie sich von Ihrem ersten größeren Scheck gegönnt haben?

Ich habe mir ein Auto gekauft, das nach einem Edgar-Wallace-Dreh zu haben war. Für 2.000 Mark. Es war ein alter Knochen und kaputt, aber ich war sehr stolz darauf, weil es mein erstes eigenes Auto war. Ich habe es bestimmt ein Jahr gefahren, aber dann musste ich einsehen, dass die Reparaturen eigentlich teurer als das ganze Fahrzeug waren.

Sie wurden gerade 80 Jahre alt – was ist Ihnen heute wichtig?

Es gibt ja dieses Jahr noch etwas zu feiern: Unser Verein brotZeit, mit dem wir mehr als 15.000 Kindern jeden Morgen vor dem Unterricht ein Frühstück an mehr als 400 Schulen zubereiten, ist 15 Jahre alt geworden. Der Verein wächst und wächst, weil es so viel Bedarf gibt, weil so viele Schülerinnen und Schüler morgens zu Hause kein Frühstück bekommen. Mein größter Wunsch allerdings wäre es, dass die Arbeit unseres Vereins irgendwann überflüssig ist. JR